Jahresbericht über das Arvenjahr 2025

Von Christoph Gerber 11 Dezember 2025

Das Klima und seine Herausforderungen

Der Winter 2024/25 verlief insgesamt mild, und die Schneehöhen lagen deutlich unter dem langjährigen Mittel. Eine durchgehend kalte Periode mit ergiebigen Schneefällen blieb aus. Die milden Temperaturen reduzierten zwar Frostschäden am Jungbestand, und auch mechanische Schäden an Bäumen traten seltener auf.

Der Schneemangel führte jedoch gleichzeitig zu zusätzlichem Stress für die jungen Bäumen. In Gebirgslagen schützt eine geschlossene Schneedecke normalerweise vor Frost und Austrocknung, da sie isoliert und Feuchtigkeit speichert. Der Mangel an Niederschlag in Kombination mit den milden Temperaturen bewirkte ein frühzeitiges Auftauen des Bodens und eine unzureichende Bodenfeuchtigkeit. Dadurch war der Wasserhaushalt im Frühling und Sommer stark belastet. Für die Jungpflanzen stand ein geringer Feuchtepuffer zur Verfügung, was das Risiko von Austrocknung deutlich erhöhte - insbesondere im Vergleich zu schneereichen Wintern.

Hinzu kamen die aussergewöhnlich heissen Monate Mai und Juni, die durch einen markanten Temperaturüberschuss geprägt waren. Unter diesen Bedingungen trocknete der Boden rasch aus. Insgesamt waren aber die durchschnittlichen Niederschlagsmengen, die Wärme und die Sonneneinstrahlung günstig für das Wachstum der Bäume.

Die Arven im Talboden trugen in diesem Jahr Zapfen und der Tannenhäher war fleissig unterwegs.

Geringe Wildschäden

Der Schutz der Jungpflanzen vor Wildverbiss und Wildschäden durch Einzelgitter und Zäune zeigt seine Wirkung. Die Schäden sind bedeutend geringer ausgefallen als noch in den letzten Jahren. Inwiefern der Wolf dabei auch eine Rolle spielt, ist schwierig abzuschätzen. Es ist aber sicher, dass die Wolfspräsenz lokal das Verhalten und die Mortalität von Schalenwild durch Verdrängung oder Risse beeinflusste.

Die Arbeitseinsätze

Unsere Haupttätigkeit konzentrierte sich in diesem Jahr auf die Wiederaufforstung des Tröswald zwischen Hinterrhein und dem Nordportal des San Bernardino Tunnels. Am 19./20. Oktober 2023 tobte in den Alpen ein Föhnsturm mit teilweise schweren Orkanböen. Dabei wurden mehr als drei Hektaren Schutzwald zerstört.

In 240 Mannstunden pflanzten wir je 100 Arven, 100 Lärchen und 50 Bergahorne. Diese gezielte Mischung verschiedener Baumarten soll die Biodiversität fördern und die Anpassungsfähigkeit des Waldes an den Klimawandel verbessern. Mischwälder dieser Art bieten unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und erhöhen die strukturelle Vielfalt des Waldes. Zudem sind solche Mischbestände widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen und Krankheiten, was im Kontext des Klimawandels von Vorteil ist. Der Tröswald ist ein bevorzugter Lebensraum für Wildtiere, der ihnen Schutz, Nahrung und Ruhe bietet. Wir mussten daher die Jungpflanzen besonders gut vor Wildverbiss schützen. Allein für den Schutz von Bergahorn verbauten wir 150 Pfähle, 750 Meter Dachlatten und 200 Meter Knotengeflechtgitter. Um die menschlichen Kräfte im steilen und unwegsamen Gelände zu schonen, übernahm ein Helikopter den Material transport.

Zwei Monate später mussten wir feststellen, dass 90% der gepflanzten Arven und 30% der Lärchen als Folge des schneearmen Winters und der hohen Temperaturen im Mai und Juni verdorrt waren. In Absprache mit dem Förster und dem Forstgarten in Rodels pflanzten wir Ende August nochmals 60 Arven in die bestehenden Pflanzlöcher. Nun stehen die Chancen gut, dass die Arven diesmal den Pflanzschock überleben, weil ihre Wachstumsperiode Ende August beinahe abgeschlossen ist und sie somit weniger Wasser benötigen. Andererseits haben ihre Würzelchen noch Zeit, sich vor dem Winter in der Erde zu verankern, um nicht vom Kriechschnee herausgerissen zu werden.

Nach den intensiven Einsätzen im Tröswald widmeten wir uns den alljährlich wiederkehrenden Hege- und Pflegearbeiten: Jäten, Mähen, Schutzgitter richten – und staunen, wie gut sich die jungen Bäume entwickeln. Lediglich ein knappes Dutzend Pflanzen hat das vergangene Jahr nicht überlebt. Ihnen wurden Wassermangel, Wildfrass oder Pilzbefall zum Verhängnis.

Bei Zahütta im Casanawald wurde ein neuer Einstieg in die Aufforstung gebaut. Im Müss oberhalb Hinterrhein fällten wir drei Fichten und entfernten den massiven Zaun samt Stacheldraht. Dank dieser Pflegemassnahme erhalten zwei Arven und eine Lärche nun mehr Licht und Raum, um sich ungehindert weiterzuentwickeln. Die frei herumlaufenden Ziegen sind nach wie vor ein Problem, weil sie mit ihren Hörnern die Baumschutzhüllen aus der Verankerung reissen und die jungen Arven abfressen.

In der Halte oberhalb Hinterrhein fingen wir an, den alten Zaun zu entfernen und die verbliebenen Arven mit Einzelumzäunungen vor Wildschäden zu schützen. Vom ursprünglichen Aufforstungsprojekt aus dem Jahr 1986 mit der Pflanzung von 15'000 Arven, 5'000 Lärchen, 3'000 Fichten und 2'000 Laubgehölzen sind gerade noch ein Dutzend Arven geblieben. In der Aufforstung führte der Befall durch den Weissen Schneeschimmel zu einem Totalausfall und dies besonders wegen zu engen Pflanzabständen. In der Alpenregion befällt diese Pi lzkrankheit nur die Arven.

Wir haben aus diesem gescheiterten Aufforstungsprojekt die folgenden Schlüsse gezogen:

  • Gegen den Weissen Schneeschimmel existiert keine Bekämpfungsmethode. Einzig durch Vermeiden von grossflächigen, dichten Pflanzungen und durch eine zeitliche Staffelung der Pflanzung kann das Befallrisiko vermindert werden.

  • Grosse Umzäunungen in Höhenlagen und an Steilhängen sind wenig sinnvoll wegen dem grossen Schneedruck auf den Zaun und damit seiner zerstörerischen Kraft.

  • Bei grossen Umzäunungen ist der Schaden umso grösser, wenn das Wild durch ein Schlupfloch einen Zugang zu den jungen Bäumchen findet.

  • Eine Aufforstung erfordert über einen längeren Zeitraum hinweg eine sorgfältige und kontinuierliche Pflege und muss daher in angemessenem Masse erschlossen sein. Materialtransporte per Helikopter in schwer zugängliche oder abgelegene Gebiete sind mit erheblichen Kosten verbunden. Auch der Zeitaufwand für die Erreichbarkeit zu Fuss sollte in einem vertretbaren Rahmen liegen. Insgesamt ist darauf zu achten, dass Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen.

Das Herauslösen des im Gras verfangenen Maschendrahtzauns war harte Knochenarbeit. Die robusten Kastanienpfähle und das Drahtgitter wurden nicht entsorgt, sondern wiederverwertet und zu neuen Einzelumzäunungen für die restlichen Arven verarbeitet. Die Abbrucharbeiten sind nicht abgeschlossen und werden 2026 fortgesetzt.

Alt Stafeli unterhalb der Chilchalp ist ein weiterer Standort, der nur zu Fuss erreichbar ist. Schweres Material wie Pfahlhammer, Ersatzpfähle und Maschendrahtgitter für den Unterhalt und die Erneuerung der Zäune müssen mit einem Helikopter hinaufgeflogen werden. Dank der Unterstützung durch den Zivilschutz konnte mit dem Abbruch der alten Zäune begonnen werden. Die Sanierung der einzelnen Aufforstungen in Alt Stafeli wird im Sommer 2026 fortgeführt

Die Arvenpflanzung im Müss pflegten Katherina, Tanja und Jack wiederum selbständig. Die im steilen Gelände durch Kriechschnee entwurzelten Arven konnten sie im Frühling gerade rechtzeitig wieder in der Erde verankern. Für den Schutz der Arven wurden am Parzellenrand 40 schneller wachsende Fichten und Lärchen gepflanzt. Zudem haben sie den Hang nicht mehr vollständig getrimmert, sondern nur lokal um die Bäumchen gejätet. Erfahrungen haben gezeigt, dass die frei herumlaufenden Ziegen frisches, nachwachsendes Gras einer brach liegenden Extensivwiese bevorzugen. Die jungen Arven wurden grösstenteils in Ruhe gelassen.

Weniger erfreulich war, dass die Ziegen bei drei zirka 30jährigen Arven die Rinden grossflächig wegfrassen, nachdem die schützenden Fichten und der umliegende Zaun entfernt worden war. Zum Glück konnte Katherina die Bäume zeitnah mit Baumharz-Wundbalsam versorgen.

Eine traurige Nachricht erreichte uns am 30. Juni. Unser Arvenfreund Köbi Lütschg aus Netstal verstarb nach einem unverschuldeten Motorradunfall in Oberurnen. Seine aus Arvennüsschen gezogenen Jungarven befinden sich nun in Nufenen, wo sie vom Verein weiter gepflegt und bis zur späteren Verpflanzung aufgezogen werden.

Ich danke allen Helferinnen und Helfern sowie dem Zivilschutz für den grossen Einsatz und dem Forstamt Rheinwald mit Marius Furler für die gute Zusammenarbeit.

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